Die Frau der Altburg
Johann Hubert Schmitz
Der Wunsch nach großem Glück und plötzlichem Reichtum war insbesondere im Mittelalter unter der armen Bevölkerung sehr ausgeprägt. Darum rankten sich viele Geschichten um wohltätige Spender, plötzlichen Reichtum durch das Auffinden eines verborgenes oder das Auftauchen eines Goldtopfes am Ende des Regenbogens. Eine schöne Vorstellung ist das, doch wie lautet eine altes deutsches Sprichwort: Jeder ist seines Glückes eigener Schmied.
Carolin Eberhardt

Ein Mann, welcher an einem Wintertag an der Altenburg (beim Weinfelder Maar) vorüberritt, erblickte
dort eine weißgekleidete Frau, welche vor sich drei Tücher ausgebreitet hatte.
Auf eben diesen lag ein dem Mann unbekanntes, dem Flachssamen ähnliches
Saatgut. Neugierig stieg er von seinem Kutschbock und schritt näher heran, um
sich die Samen zu besehen. Da er von dieser Sorte so fasziniert war, fragte er
die weiße Dame, ob sie ihm nicht etwas von diesem Saatgut abgeben könne, erhielt
von der Maid aber keine Antwort. So griff er ohne Aufforderung oder Zustimmung
derselbigen beherzt einige Körner und steckte sie in seine Manteltasche.
Daraufhin blickte die Frau in weiß von dem Tuch auf und sagt zu dem Reisenden:
„Du magst ihn alle nehmen.“ Der Fuhrmann meinte aber, er habe bereits genug
genommen und fuhr weiter. Als er nun in der nächsten Ortschaft angekommen war
und er den Leuten dort den unbekannten Samen zeigen wollte, zog er anstatt der
Samen eine Handvoll Goldstücke aus seiner Tasche. Die Samen aber waren
verschwunden.
nacherzählt von Carolin Eberhardt
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Textquelle:
Schmitz, Johann Hubert (Hrsg.): Sitten und Sagen, Lieder, Sprüchwörter und Räthsel des Eifler, nebst einem Idiotikon, Trier: Druck und Verlag der Fr. Linz'schen Buchhandlung,1856.
Bildquellen:
Vorschaubild: Die Altburg, 2009, Urheber: Chris mz via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.
Hoard of ancient gold coins, 2005, Urheber: Saperaud via Wikimedia Commons Gemeinfrei.
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