Wohin am Abend, wenn es einmal nicht die „Hochkultur“ sein soll? Alternativen gibt es einige. Gute und weniger gute. Die absolute trägt den etwas merkwürdigen Namen „Tuchfabrik“. Dahin kann man gehen, und man wird immer etwas finden. Tuchfabrik sagt freilich kein Trierer zu diesem Kunst- und Musentempel. Für ihn heißt dieses Haus kurz und bündig Tufa. Das ist das Kürzel für die ruinöse Fabrik, der 1985 mit dem erstem soziokulturellen Zentrum Deutschlands neues Leben eingehaucht wurde. Dass dieses Beispiel binnen Kurzem überall im Lande Schule machte, soll nicht verschwiegen werden. Unter dem Dach der Tufa taten sich zwei Dutzend Vereine zusammen.Sie managen seitdem diesen Drei-Generationen „Melting Pot“ (neudeutsch für Schmelztiegel) mit Harmonie, mit Meinungsstreit und meistens mit beachtlichem Erfolg.
Im Haus gibt es (fast) nichts, was es nicht gibt in der „freien Szene“, also in der Laienkultur. Klangkunst-Festivals, Ausstellungen aller Kunstgattungen, avantgardistische Konzerte, klassische natürlich auch, Theateraufführungen, Ateliers für angehende Maler, Grafiker und Fotografen, Kreativzirkel für Schüler, Workshops aller Art. Dass eine Künstlerkneipe ihre Türen offen hält, versteht sich. 2014 wurde eine Jazzoper produziert, 160 Akteure spielten, sangen, tanzten sich ins Herz des Publikums. Pro Jahr kommen rund 70.000 Leute ins Haus. Um mitzumachen, zu gestalten oder nur – wie die Touristen – locker und frei von allen Konventionen, mit Herz und Sinnen zu genießen.
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Texte und Bilder entnommen aus:
Pantenius, Michael; Voigtländer, Rudolf: Trier, die 99 besonderen Seiten der Stadt, Halle: Mitteldeutscher Verlag, 2016.