Ein Bürger Triers darf, falls irgendwer bezweifeln sollte, dass seine Stadt bereits in römischer Zeit bedeutend, ja die größte im Norden des Reiches war, getrost auf das Amphitheater verweisen. Das ist Beweis genug! In einem römischen Militärlager, schon gar nicht in einer Ansiedlung vor den Palisaden, hätte man um 100 n. Chr. ein solches Bauwerk errichtet: eine Arena für 20.000 Besucher! Ähnliches gab es zu dieser Zeit nur in Rom und in Verona, also in den mächtigsten Städten des Reiches. Die Augusta Treverorum, das heutige Trier, zählte zu ihnen. Und noch etwas kommt dazu: Triers Amphitheater ist das einzige seiner Art nördlich der Alpen. Das ist seiner Bauweise zu danken.
Das Gelände am Fuße des Petrisberges wurde klug genutzt, da der Hang abgetragen, dort die gewonnene Erde wieder aufgeschüttet und festgestampft. Die Tribünen, wenn auch mit Steinen leicht gesichert, entstanden auf einfache und doch äußerst haltbare Art und Weise. 26 Sitzreihen zogen sich rund um die Arena von 70 Metern Länge und 49 Metern Breite. Natürlich wurden auch die Eingänge und die Kelleranlagen unter dem Theater sorgfältig in Stein ausgeführt. Dort befanden sich Verliese, in denen die Todgeweihten auf ihren Auftritt zu warten hatten. Das waren nicht nur Gladiatoren und Glücksritter, die ihr Leben für Ruhm und Geld aufs Spiel setzten, nicht nur Verbrecher, es gab auch verfolgte Christen unter ihnen. Aus den Verfluchungstäfelchen der Unglücklichen, die man im Schutt gefunden hat, weiß man das.
Die Legionäre und die Bürger der wachsenden Stadt gingen, wenn sie sich nicht im Circus Maximus an Pferderennen erfreuten, in das Amphitheater, um sich an Kampf und Mord und Totschlag zu ergötzen. Sie brüllten frenetisch, wenn die Kämpfer aufeinandertrafen und einer auf den anderen einhieb, dass die Funken von den Klingen und den Schilden stoben. Solange, bis einer tot auf dem Platz blieb. Und da waren ja auch noch die Tiere! Ein ausgehungerter Löwe traf auf einen ebensolchen Bären. Die würgten sich und brachten sich gegenseitig um …
Es gibt Zeitgenossen, die sich über „die alten Römer“ moralisch entrüsten. „Wie konnten die nur!“ Ja, sie konnten, sie waren Kinder ihrer Zeit. Eines wird bei dieser Überhebung schlicht vergessen: Wir leben unter dem gleichen Prinzip: Brot und Spiele. Tag für Tag sitzen Millionen Deutsche vor den Bildschirmen. Da flimmern auf fast 500 Kanälen Hunderte brutale Morde …
In römischen Zeiten wurde im Amphitheater nicht nur gekämpft und gestorben. Es gab auch – so heißt es – „richtige“ Theateraufführungen, Volksversammlungen fanden statt, in denen nicht nur große Reden geschwungen, sondern wichtige Belange des Gemeinwesens beraten wurden. Das ging so hin bis zum Ende des 4. Jahrhunderts. Dann kam, was überall geschah, wenn Macht und Ordnung zerbrachen: „Wer in der Gegend bauet, der nimmt sich für sein Haus, aus der zerfallenen Mauer, den schönsten Stein heraus.“ Aber es ist genug geblieben, das staunen und sich bewundern lässt.
Adresse:
Amphitheater
UNESCO Weltkulturerbe
Bergstraße 45
54290 Trier
Tel.: 0651 9780888
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Texte und Bilder entnommen aus:
Pantenius, Michael; Voigtländer, Rudolf: Trier, die 99 besonderen Seiten der Stadt, Halle: Mitteldeutscher Verlag, 2016.